Konflikte lösen - frei sein für Neues
Konflikte lösen - frei sein für Neues
 

Ein Fall aus meiner Praxis

Ausgangspunkt der Mediation: Anruf eines Bürgermeisters, der mir berichtet, dass sich mehrere Mitarbeiterinnen des Kindergartens der Gemeinde über den Führungs- und Kommunikationsstil der Leiterin der Einrichtung beschwert hätten. Alle Beteiligten, also sowohl die Teammitglieder wie auch die Leiterin, hätten daraufhin eine Klärung durch einen externen Moderator gewünscht.

 

Wir einigten uns auf einen Gesprächstermin an einem Freitag von 16.00 Uhr bis 20.00 Uhr und am Samstagmorgen von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr.

 

So saß ich am vereinbarten Freitag Nachmittag mit mehreren Erzieherinnen sowie der Leiterin in einer offenen Sitzrunde.

 

In einem ersten Schritt – genannt Selbstklärung – schilderten mir die Teammitglieder sowie die Leiterin jeweils einzeln ihre Sichtweise der Schwierigkeiten der Vergangenheit.

 

Anschließend visualisierte ich die Vorwürfe und gegenseitigen Vorbehalte, die im Rahmen der Selbstklärung angesprochen worden waren.

Es entstand eine Übersicht auf der Flip-Chart, die für alle durchsichtig machte, wo die Knackpunkte in der gegenseitigen Kommunikation und Kooperation zu finden waren.

 

Hier ein paar Beispiele:

 

Vorwürfe von Teammitgliedern:

  • Wir sind immer im konkreten Fall unsicher, ob du uns wohlgesonnen bist
  • Kritik wird von dir zu oft wiederholt
  • Kritik am Einzelnen vor der Gruppe ist nicht akzeptabel.
  • Du bist nicht bereit, dir abweichende Meinungen anzuhören beziehungsweise sie auf dich wirken zu lassen.

 

Die Leiterin monierte u.a.:

  • Es wird über mich geredet, aber nicht an mich herangetragen
  • Ich kann mich nicht auf Absprachen verlassen
  • Unser Arbeitskontext verändert sich und wir müssen da mitgehen (Beispiel Inklusion). Bei einigen Kolleginnen vermisse ich die Bereitschaft hierzu.

In der anschließenden Dialogphase wurden die aufgeschriebenen Punkte Punkt für Punkt nach von den Teilnehmerinnen gefühlter Dringlichkeit im Dialog besprochen.

 

Kurz vor Ende der ersten vierstündigen Sitzungsrunde machte ich einen sogenannten Zwischenstopp, bei dem die Teilnehmerinnen eingeladen waren, auf Karten aufzuschreiben, was die bisherige Arbeit nützlich gemacht habe.

 

Hier beispielhaft einige Erfahrungen der Teilnehmerinnen:

  • Sehr nützlich, da alles ehrlich ausgesprochen wird
  • Anhören der persönlichen Wahrnehmung
  • Möglichkeit eigene Wahrnehmung mitzuteilen
  • Augenkontakt jeder wird gesehen und gehört
  • Vertiefen und noch mal anhören und verstehen durch die Wiedergabe durch Herrn Obenaus
  • Bewusst machen was beide Seiten denken
  • Wenn man seine Gefühle nicht ganz formulieren/mitteilen konnte, wurden diese vermittelt.

Am Ende der Dialogphase teilte ich den Teilnehmerinnen in kurzen Worten meine Außensicht der im Dialog deutlich gewordenen Schwierigkeiten mit. Dabei machte ich deutlich, dass die äußeren Bedingungen der Arbeit der Erzieherinnen (Corona, krankheitsbedingte Ausfälle, unterschiedliche Arbeitszeiten, Fachkränftemangel) verständlich erscheinen lassen, dass es zu Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit gekommen ist.

 

In einer anschließenden Stufe - von mir "Meditation" genannt - waren alle eingeladen, über ihren eigenen Anteil an den vergangenen Schwierigkeiten nachzudenken, verbunden mit der Ansage, dass hierüber keine gemeinsame Diskussion stattfindet.

 

Beim nächsten Schritt - von mir "Schenken" genannt - wurden die Teilnehmerinnen  eingeladen, zu Papier zu bringen, welches konkrete Verhalten sie künftig – ohne Vorbedingungen beziehungsweise ohne Gegenleistung – an den Tag zu legen bereit waren, damit es der Leiterin in der Kommunikation und Kooperation mit den Mitarbeiterinnen leichter werde. Die analoge Aufforderung erging an die Leiterin in umgekehrter Richtung.

 

Dabei ergaben sich folgende Äußerungen der Teilnehmenden:

 

 

Leiterin

Team

Öfter zu zeigendes Verhalten

  • Bei Widerstand frage ich zum Beispiel „Was Ist dein Beweggrund?“ „Was bräuchte es, damit es besser wird?“
    „Mir ist wichtig, dass..“
  • Bei Anliegen einer Mitarbeiterin tendenziell „mal drüber schlafen“
  • Wenn wir Eskalation spüren, sagen wir „Stopp“ und machen Pause
  • Bei gespürt unangenehmen Botschaften hinterfragen
  • Dafür sorgen, dass wir im Austausch bleiben

 

Weniger oft zu  zeigendes Verhalten

  • Nicht mehr mit Kolleginnen über andere sprechen
  • Weniger abweisende Mimik praktizieren
  • Nicht einzelne vor versammelter Mannschaft kritisieren
  • Anliegen an die Leiterin erst am nächsten Tag aussprechen (weniger gestresst)
  • Weniger oft in den Rückzug gehen

 

 

Alle Teilnehmerinnen, also sowohl die Leiterin wie auch die Mitarbeiterinnen, nahmen dieses Ergebnis als sehr konstruktiv und als Basis für eine verbesserte Kommunikation und Zusammenarbeit zur Kenntnis.

 

Sie kamen überein, den Bürgermeister über dieses positive Ergebnis der Mediation gemeinsam persönlich zu informieren.

 

Ich machte mich mit dem zufriedenen Gefühl auf den Heimweg, dass die Teilnehmerinnen durch den von mir beabsichtigten stark verlangsamten Dialog und die Bereitschaft, das jeweilige eigene Verhalten kritisch zu überdenken, ein gutes Stück weitergekommen sind.  Aus meiner Sicht besteht die  Chance, dass sich dies in guter Weise auf die erkennbar von allen Teilnehmerinnen gezeigte hohe Motivation für die Arbeit mit den Kindern auswirken wird.

 

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Nachfolgend schildere ich einen weiteren Fall, dem Sie beispielhaft entnehmen können, mit welchen Anliegen Menschen an mich herantreten und mit welchen Stationen ich dieses Anliegen im konkreten Fall moderiere:

 

Conny M. (34 Jahre alt) wandte sich  mit dem Anliegen an mich, die Kommunikation mit ihrer Schwester (Franziska, 37 Jahre alt) in einer Weise zu verbessern, dass die Schwestern wieder in der Lage sind, „vernünftig“ über gemeinsame familiäre Projekte zu reden und diese zu organisieren. Dieses hat sich in der Vergangenheit offenbar als unmöglich erwiesen.
Dabei geht es u.a. um gemeinsame Geschenke an Familienangehörige wie auch die Verwaltung einer Immobilie, die der gemeinsame Vater ihnen übertragen will.

 

Im Rahmen der von mir moderierten Mediationssitzung treten die beiden Schwestern in einen Dialog, in dem sie die schwierigen Gefühle (Bedürfnis nach mehr Kontakt auf Seiten von Conny, Distanzbedürfnis auf Seiten von Franziska) ansprechen, die zu der Blockade geführt haben, die die Kommunikation zum Stillstand gebracht hat.

 

Was passierte in den von mir moderierten 2 Mediations-Sitzungen:

 

  • Das klare Aussprechen der schwierigen Gefühle im Dialog,
  • in der Lösungsphase die Artikulation der Bereitschaft beider Schwestern in einzelnen Punkten der jeweils anderen Schwester auf der Verhaltensebene so entgegenzukommen, dass diese es „leichter hat“ mit ihr - sowie schließlich
  • das Aushandeln von gewissen „Regeln“

 

Diese Schritte führten zu einer Schlussvereinbarung („Wie wir es machen wollen“), die von den Schwestern als Hilfestellung empfunden wurde für ihren weiteren gemeinsamen Umgang:

 

Text der Vereinbarung:

 

  • Im Anschluss an Begegnungen kurzes gegenseitiges Feedback
  • Franziska wird Conny in vergleichbarer Weise wie die übrigen Familienmitglieder informieren.
  • Franziska unterstellt Conny nicht, dass sie Franziska geringschätzt.
  • Gelegenheiten zum Smalltalk wahrnehmen: kurzes Gespräch führen

 

Ich freue mich über Ihren Anruf

089 351 7851

oder

0174 888 48 27 

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© Walter Obenaus - Konfliktmoderator und Coach